Warum haben die christlichen Kirchen Mutter Erde vergessen und nur auf Vater Himmel fokussiert? S. C. via Facebook
Liebe S.
Ja, warum dieser Drang nach oben? In die lichten Sphären des Himmels, dorthin, wo wir alles überblicken, leichtfüssig schweben? Die Schwerkraft hinter uns lassend, die Herkunft, die Enge des Geburtskanals, das Seufzen der Erde, das Lachen der Kinder.
Hildegard von Bingen riet noch zum doppelten Blick: Wer auf Gott blickt, schaut zur Erde. «Wer seinem Gott vertraut, wird auch den Bestand der Welt ehren; den Lauf von Sonne und Mond, Wind und Luft, Erde und Wasser, alles, was Gott um der Ehre des Menschen geschaffen hat und zu seinem Schutz. Einen anderen Halt hat der Mensch nicht». Erde und Himmel lassen sich bei Hildegard nicht auseinanderdividieren.
Es ist der Herrschaftsanspruch (der Neuzeit), der die Zusammengehörigkeit aufkündigt. «Teile und herrsche.» Alles wird auseinandergerissen und gegeneinander ausgespielt: Schöpfer und Geschöpf, Himmel und Erde, Geist und Materie, Vernunft und Seele, Mann und Frau.
Wir sind Teil eines Ganzen, Teilhaberinnen, und brauchen Gott im Himmel und auf Erden, als Vater und als Mutter, als Windhauch und als Grünkraft.
Angela Büchel Sladkovic, Theologin