Ich bin beeindruckt, dass unsere Tochter als Kind solch tröstende Worte fand. Offenbar konnte sie für sich ein Bild entwerfen, wie es nach dem Tod für ihren geliebten Grossvater Otti weitergehen könnte: Dass er zwar seine Partnerin verloren hat, ihn jedoch andere Menschen erwarten, Menschen, bei denen er willkommen und aufgehoben ist. Aus ihren Kinder-Erfahrungen im Diesseits hat sie ein Bild gemalt für das Jenseits.
Das machen wir wohl alle, auch als Erwachsene. Wir versuchen zu erklären und uns auszumalen, wie es nach dem Tod sein wird. Dafür verwenden wir unsere Erfahrungen, unsere persönlichen Bilder vom Leben. Was wir hier im Diesseits wahrnehmen, dient uns als Grundlage für eine Antwort auf die Frage nach dem Jenseits.
Ich selbst nehme gerne den biblischen Schatz an Texten und Geschichten zu Hilfe, wenn es um die Fragen nach dem Jenseits geht. Da ist zum Beispiel dieser Satz aus dem Lukasevangelium (20,38): Gott aber ist nicht Gott von Toten, sondern von Lebenden: für ihn sind alle lebendig. Da steckt ein mir wichtiger Glaubensinhalt drin: Gott liebt das Leben, das gute Leben für alle. Das nährt meine Vorstellung, dass nach dem Tod das Leben nicht einfach vorbei ist. Denn wenn Gott kein Gott von Toten, sondern von Lebenden ist, dann kann nicht der Tod das letzte Wort haben.
Mir hilft es im Umgang mit Sterben und Tod oder den Fragen nach dem Jenseits Bilder und Geschichten zur Verfügung zu haben. Sie können uns tragen und halten. Gerade dann, wenn wir eingestehen müssen, dass wir über das, was nach dem Tod kommt, nichts wissen. Als glaubender Mensch hoffe ich, dass da einmal eine liebende Instanz sein wird, die mich empfängt und umfängt. Ja, auch das ist ein Bild aus dem Diesseits für das Jenseits. Und es ähnelt sehr der Vorstellung unserer damals 8-jährigen Tochter. Eigentlich keine Überraschung.
Silvia Huber, SKF-Beauftragte für Theologie