Frauen, die die Welt bewegen
Unter dem Motto «Bewegen und Bewegungen: Nicht ohne Frauen!» fanden vom 28. April bis 3. Mai 2025 die Andante-Studientage im ökumenischen Zentrum Dom Św. Brygidy (Haus der Heiligen Brigida) in Danzig, Polen, statt. Das vielfältige Studienprogramm sowie die Generalversammlung des europäischen Netzwerks katholischer Frauenorganisationen boten rund 45 Teilnehmerinnen aus acht Ländern und elf katholischen Frauenorganisationen einen wertvollen Raum für Vernetzung und die Frage: Wie stark inspiriert der christliche Glaube unser politisches und soziales Handeln?

Die Ergebnisse hielten die Frauen in einer Erklärung fest. Darin rufen sie katholische Frauen Europas auf, sich für Gleichberechtigung, synodale Teilhabe und digitale Gerechtigkeit einzusetzen. Inspiriert von Bewegungen und dem Geist Gottes, fordern sie Wandel in Kirche und Gesellschaft: ohne Frauen geht es nicht weiter.
«Die Begegnungen in Danzig waren auch Bewegungen: aufeinander zu und miteinander vorwärts. Trotz verschiedener Sprachen und Hintergründe zeigte sich, dass Frauen mit- und untereinander viel erreichen können, wenn sie sich vernetzen, einander kennen und verstehen lernen. Das war vor allem in Hinblick auf die polnische und osteuropäische Geschichte der Fall. Der Glaube gibt die Kraft, scheinbar Unmögliches zu erreichen. Das nehmen wir mit in unsere Länder und Verbände» – Iva Boutellier, Vorstand SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund
Inspiration aus der bewegten Geschichte Polens
Im Zentrum des ersten Tages stand Polen, das Gastgeberland, mit seinen sozialen, politischen, zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Bewegungen. Zunächst hielt Irene Gassmann, Priorin im Kloster Fahr (Schweiz), ein Eröffnungsreferat über «Vorbilder und andere Quellen, die uns in Bewegung halten». Anschliessend beleuchtete Zbigniew Nosowski, Soziologe und Theologe aus Polen, die Solidarność-Bewegung und ihre Beziehung zur katholischen Kirche. Den Abschluss bildete ein Vortrag von Sr. Barbara Radziminska über die Synodalität als Weg der Kirche in Polen. Anschliessend fanden Workshops statt, die ein breites inhaltliches Spektrum abdeckten:
- Beatrice Ledergerber, Historikerin und Kulturanthropologin aus der Schweiz, beleuchtete die Dynamiken sozialer Bewegungen und ging der Frage nach, ob es Erfolgsrezepte für nachhaltige Veränderung gibt.
- Helena Jeppesen-Spuhler, Mitglied der Weltsynode 2023/24, widmete sich der aktuellen Entwicklung des weltweiten synodalen Prozesses und teilte spannende persönliche Einblicke.
- Die polnische Soziologin Weronika Felcis führte durch eine Diskussion über das Brückenbauen zwischen Ost und West sowie die gemeinsame Vision von Gleichstellung und Gerechtigkeit.
- Spirituelle Tiefe bot Schwester Carola Schürger aus der Deutschen Abtei Burg Dinklage und führte durch eine tanzbare Form des Gebets.
- Den Raum des achtsamen Zuhörens erkundete Maja Szwedzińska von Tekla, einer polnischen Organisation zur Stärkung der Frauen in der katholischen Kirche, und schuf damit einen besonderen Ort der persönlichen und spirituellen Begegnung.
«In den Workshops wurde deutlich, wie durch den Austausch neue Formen der Zusammenarbeit entstehen – insbesondere im digitalen Raum. Organisationen wie andante sind prädestiniert dafür, Plattformen zu schaffen, auf denen Frauen sich regelmässig über gesellschaftliche und politische Themen sowie konkrete Projekte austauschen können. Genau darin liegt die zentrale Aufgabe von andante.» – Simone Curau-Aepli, Präsidentin SKF
Jeder Workshop ermöglichte den Teilnehmerinnen, sich mit verschiedenen Formen von Bewegung auseinanderzusetzen: soziale Bewegungen als Motor für Veränderung, spirituelle Bewegung durch Tanz und Gebet, innerkirchliche Bewegung im synodalen Prozess sowie zwischenmenschliche Bewegung durch Dialog und Zuhören über kulturelle und geopolitische Grenzen hinweg.
Künstliche Intelligenz und Gleichstellung im digitalen Wandel
Am zweiten Tag der Andante-Studientage lag der Fokus auf «Bewegungen im digitalen Zeitalter und Künstliche Intelligenz im Kontext der Gleichstellung». Simone Curau-Aepli, Präsidentin des SKF Schweizerischen Katholischen Frauenbundes, sprach über den Catholic Women's Council (CWC), eine globale Bewegung, die sich für mehr Gleichstellung innerhalb der Kirche einsetzt. Sie betonte, wie digitale Netzwerke und Plattformen helfen, diese weltweiten Initiativen zu organisieren und zu fördern, um die Stimme katholischer Frauen zu stärken. Dr. Amal Tawakuli, Computerwissenschaftlerin aus Luxemburg, beleuchtete die Verbindung zwischen Künstlicher Intelligenz und Geschlechtergerechtigkeit. Sie wies darauf hin, wie KI bestehende Ungleichheiten verstärken kann, etwa durch diskriminierende Algorithmen in Bewerbungsverfahren. Gleichzeitig zeigte sie auf, wie KI auch gezielt genutzt werden kann, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben, wenn sie transparent und inklusiv entwickelt wird.
Best-Practice-Beispiele von Danziger Frauen
Die Studientage boten auch Gelegenheit, die polnische Geschichte und polnische Fraueninitiativen kennenzulernen, zum Beispiel die polnische Frauenorganisation WAGA – ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie feministisches Engagement und soziale Verantwortung Hand in Hand gehen können. WAGA ist nicht nur eine politische Stimme für Gleichstellung und Frauenrechte in Danzig, sondern zugleich tief in der Alltagsrealität vieler Menschen verwurzelt – insbesondere in einem Stadtteil, der als sozialer Brennpunkt gilt. Dort führt WAGA ein Haus, das zum Herzstück ihres Engagements geworden ist, und betreibt ein Gemeinschaftszentrum, das insbesondere Kindern und Jugendlichen neue Perspektiven eröffnet und Orte schafft, an denen Solidarität erfahrbar wird.
Die alles verändernde Solidarność
Auf dem Programm stand auch ein Besuch des Europäischen Zentrums der Solidarność in Danzig, einem interdisziplinären Zentrum für Geschichte, Kultur und Zivilgesellschaft. Es befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Lenin-Werft, dem Ursprungsort der Solidarność-Bewegung, die 1980 als erste unabhängige Gewerkschaft im Ostblock gegründet wurde und sich gegen das kommunistische Regime richtete, um politische und wirtschaftliche Reformen zu fordern. Sie spielte eine zentrale Rolle beim Fall des kommunistischen Systems in Polen. Die Kirche spielte eine wichtige Rolle, indem sie Solidarität und Widerstand gegen das kommunistische Regime förderte und oft als sicherer Ort für die Solidarność und deren Führungspersönlichkeiten fungierte. Besonders Papst Johannes Paul II., selbst Pole, unterstützte die Bewegung durch seine Worte und Besuche, was der Bewegung zusätzliche Legitimation und internationale Aufmerksamkeit verschaffte.
Neues Koordinationskomitee
Das Coordinating Committee of ANDANTE (CoCoA) setzt sich aus Vertreterinnen der nationalen Mitgliedsorganisationen zusammen und ist für die Leitung und strategische Ausrichtung von andante verantwortlich. An der Generalversammlung wurden folgende Frauen ins Koordinationskomitee gewählt.
Das neu gewählte CoCoA setzt sich neu aus folgenden Mitgliedern zusammen:
- Sophie Rudge, Vorsitzende, nominiert von der Society of the Holy Child Jesus, Grossbritannien
- Weronika Felcis, Co-Vorsitzende, nominiert vom Lettischen Katholischen Frauenverband, Lettland
- Marleen Peters-Van der Heyden, Kassierin, nominiert vom Network Katolieke Vrouwen, Niederlande
- Beatrice Ledergerber, nominiert vom Schweizerischen Katholischen Frauenbund, Schweiz
- Irmtraud Widmayer, nominiert vom Katholischen Deutschen Frauenbund, Deutschland
- Agnieszka Zarzyńska, nominiert von TEKLA, Polen
Die Generalversammlung stellte einen Moment der Erneuerung und des Engagements für die Mission von ANDANTE dar und bekräftigte die Rolle von ANDANTE als starke Stimme für katholische Frauen in Europa – sowohl innerhalb der Kirche als auch in der Gesellschaft insgesamt.
Über andante
Andante wurde im Jahr 2006 gegründet und setzt sich für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Gesellschaft und Kirche ein. Die Organisation hat ihren Sitz in Düsseldorf und ist als gemeinnütziger Verein nach deutschem Recht tätig. Als Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen wurde die Vereinsstatuten vollständig überarbeitet und an der Generalversammlung vom 2. Mai 2025 offiziell angenommen. Andante engagiert sich zudem aktiv in der internationalen Zivilgesellschaft und vertritt katholische Frauen auf der Ebene der internationalen Nichtregierungsorganisationen (INGOs) im Europarat. In der Schweiz ist der SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund ein Gründungsmitglied von Andante und engagiert sich aktiv in diesem Netzwerk.
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