Home Aktuelles Mit Frauen, für Frauen – die Bedeutung der Frauenvereine
Blog 31.05.2022 | Frauennetzwerk – Freiwilligenarbeit – Interessenvertretung – Kirche

Mit Frauen, für Frauen – die Bedeutung der Frauenvereine

Frauenvereine engagieren sich seit jeher da, wo es tatkräftige Hände braucht. Die Frauen unterstützen sich gegenseitig und auch Frauen in ihrer Umgebung, unter anderem sozial Benachteiligte, Alleinerziehende, Frauen in Not. Sie bieten Raum für Frauen – sowie vielerorts auch deren Kindern – zum Austauschen, Lernen, Ausprobieren, zum gemeinsamen Lachen und Teilen von Kummer und Sorgen. Die konfessionellen Frauenvereine bewegen sich in der Nähe der Kirchen, oft sind sie ein wichtiger Teil der Kirchgemeinden.  

Für unsere Gesellschaft sind die Vereine von grosser Bedeutung. Sie sind essenziell für den Zusammenhalt, für die Lebendigkeit, für das Funktionieren unserer Gesellschaft.

Mehrfache Herausforderungen

Die Vereine leben durch die Arbeit Freiwilliger. Von vielen Vereinen, auch Sportvereinen oder Chören, hören wir heute, dass es an Menschen fehlt, die sich beteiligen, die Verantwortung übernehmen, beispielsweise in der Vorstandsarbeit.  

Einer der Gründe ist, dass der berufliche Beschäftigungsgrad bei Frauen stark ansteigt, was an sich erfreulich ist. Allerdings ergibt sich ein massives Zeitproblem, da die Erwerbsquote der Männer gleich hoch bleibt und Betreuungsangebote für Kinder weiterhin mangelhaft sind.

Für die konfessionellen Frauenvereine ist die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft eine zusätzliche Herausforderung. Es sind grundsätzlich weniger Frauen Mitglied in einer Kirche und somit sinken auch die Zahlen derer, die in konfessionell geprägten Gruppierungen aktiv sind.

Viele Frauenvereine möchten sich zudem verändern, in ihren Angeboten und Strukturen, und stecken somit mitten in anspruchsvollen Prozessen.

Die letzten beiden Jahre haben durch die Pandemie einiges stärker ins Bewusstsein gerückt. Frauenvereine und ihre Angebote leben von Begegnungen – diese waren nur reduziert und teilweise gar nicht möglich. Als Dachverbände sind wir da für die Vorstandsfrauen und stehen ihnen zur Seite, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern. So haben beide Dachverbände vor zwei Jahren eine Broschüre publiziert, die die Vereine unterstützt in ihrer Positionierung und in der Besetzung von freien Vorstandsstellen. Denn wir sind überzeugt, dass es die Vereine weiterhin braucht. Es muss also möglich sein, dass Menschen diese Arbeit weiterhin erbringen, ohne auszubrennen und ohne aufgrund fehlender Pensionskassenbeiträge einem Alter in Armut entgegenzuschauen.

 

Visionen wagen

Dazu braucht es tiefgreifende Veränderungen in unserer Gesellschaft. Denn es ist schlicht nicht möglich, immer mehr Erwerbsarbeit zu leisten und zugleich die Betreuung von Kindern und älteren Familienangehörigen sowie Freiwilligenarbeit zu übernehmen. Der Tag hat nach wie vor 24 Stunden.

Wir müssen zu einer neuen Verteilung dieser Stunden und einer neuen Vorstellung von Arbeit kommen. Die «4 in 1 Perspektive» von Frigga Haug scheint mir sehr bedenkenswert: Neben acht Stunden Schlaf gibt es vier Arten von Arbeit, für die jeweils vier Stunden vorgesehen sind: Erwerbsarbeit, Betreuungsarbeit, Arbeit für die Gemeinschaft und Arbeit an sich selbst – z.B. Weiterbildung, Lesen, aber auch Entspannung. Die Erwerbsarbeit müsste so entlohnt sein, dass sich leben lässt mit diesen vier Stunden Einsatz. Natürlich gibt es massive Widerstände gegen dieses und ähnliche Modelle, wie auch die Idee, Freiwilligenarbeit als rentenwirksam anzuerkennen. Mir ist aber wichtig, solche neuen Modelle überhaupt zu denken und breit zu diskutieren. Denn es braucht diese ganz anderen Ansätze, um Auswege zu finden aus der Sackgasse, in die wir uns manövriert haben. Sie regen an, grundsätzlicher über das Problem nachzudenken und grundsätzlicher nach Lösungen zu fragen.  

Als Frauendachverband setzen wir uns, 75 Jahre nach unserer Gründung, ein für ein erweitertes, ein aktuelles, Verständnis von Arbeit. Wir engagieren uns dafür, dass es attraktiv bleibt, sich in einem Frauenverein zu engagieren. Sowohl im aktuellen Moment und auch auf lange Sicht. Für die einzelne Frau – und für die ganze Gesellschaft.

Gabriela Allemann

Die Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz EFS ist Pfarrerin und Mutter von zwei schulpflichtigen Töchtern. Für ihr Amt wird sie zu einem Teil entschädigt, zum anderen ist sie ehrenamtlich tätig. Sie freut sich, dieses Jahr das 75-jährige Jubiläum des Verbands feiern zu dürfen.  

 

0 Kommentare

Kommentar schreiben