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News 27.02.2024 | Gerechtigkeit – Gleichstellung – Kirche

Sicherheit für ein Leben nach dem Zölibat

Die St. Galler Initiative «Reformen jetzt» fordert die Abschaffung des Pflichtzölibats und einen fairen und gleichberechtigten Umgang mit ehemaligen Priestern. Geistliche, die durch das Leben im Pflichtzölibat unglücklich werden, steht es frei, sich laisieren zu lassen. Doch der Schritt ist drastisch und zwingt sie zur Aufgabe ihrer Berufung. In einem offenen Brief, den auch SKF-Präsidentin Simone Curau-Aepli als Erstunterzeichnerin mitträgt, fordert das Aktionsbündnis Reformen.

© 2024 pixabay CC0 Public Domain

Das Aktionsbündnis «Reformen jetzt» wagt sich mit seinem vierten Reformvorstoss über die Grenzen des Bistums St. Gallen hinaus und adressiert die schweizweite Ebene – die Schweizer Bischofskonferenz SBK und das Präsidium der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz RKZ. «Kein Priester soll sich gezwungen fühlen, aus Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung oder ökonomischer Perspektivenlosigkeit im Zölibat zu bleiben», so die Initiant:innen.

Was soll sich ändern?

Neben der Aufhebung des Pflichtzölibats, wird eine schweizweit einheitliche Handhabung für Ex-Priester, sogenannte laisierte Kleriker, gefordert. Diese sollen die gleichen beruflichen Möglichkeiten erhalten wie nicht-geweihte Seelsorger:innen. Ausserdem wird von der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz RKZ verlangt, ihrer Verantwortung für das kirchliche Personal gerecht zu werden.

Die Initiative fordert, dass

  1. die Schweizer Bischöfe ein einheitliches Prozedere für den Umgang mit laisierten Priestern nach Abschluss des Verfahrens finden.
  2. die Schweizer Bischöfe diesen Personen die gleichen beruflichen Möglichkeiten einräumen wie anderen Seelsorger:innen ohne Weihe (z.B. Tauferlaubnis sowie Gemeindeleitung).
  3. die staatskirchenrechtlichen Organe ihre Verantwortung für das kirchliche Personal ernst nehmen und diese Schritte mit Verweis auf Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung nachdrücklich einfordern.
  4. die Schweizer Bischöfe ihre Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen und in Rom den maximalen Spielraum für eine partielle Rechtsgebung einfordern, um angehende und bereits geweihte Priester von der Zölibatsverpflichtung entbinden zu können.

Gerechtigkeit für die ganze Schweiz

Der Vorstoss «Sicherheit für ein Leben nach dem Zölibat» reiht sich in bestehende Forderungen nach Reformen ein, die sich bisher auf das Bistum St. Gallen bezogen. Mit dem jüngsten Vorstoss werden Massnahmen für die gesamte Katholische Kirche Schweiz gefordert. Im Brief werden die Schweizer Bischöfe dazu aufgefordert, ein Sonderabkommen für katholische Geistliche mit dem Vatikan zu verhandeln. Dies wäre möglich, da der Papst regionale Bestimmungen veranlassen und somit den kulturellen Unterschieden in der Weltkirche gerecht werden kann.

Priestertum wieder attraktiv machen

Seit Jahren geht die Zahl der Männer in der Schweiz, die sich zum Priester weihen lassen, massiv zurück. Der Grund liegt u.a. in der lebenslangen Verpflichtung zum Zölibat, die ledigen Männern nicht nur Heirat und Familie, sondern grundsätzlich alle intimen Beziehungen untersagt. Dass nicht allein ein allgemeiner Rückgang der Religiosität verantwortlich ist, zeigt sich darin, dass durchaus Personen die Berufung zur sakramentalen Sendung verspüren, sie aber aufgrund des diskriminierenden Ausschlusses von Frauen oder der Verpflichtung zum Zölibat nicht realisieren wollen.

Konsequenzen aus der Missbrauchskrise

Nach der Veröffentlichung der Pilotstudie zum sexuellen Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche der Schweiz wurden viele Stimmen laut, die einen grundsätzlichen Kultur- und Strukturwechsel anmahnen. SKF-Präsidentin Simone Curau-Aepli sieht grosse Synergien: «Es ist wichtig und richtig, dass regionale Gruppierungen über ihren Wirkungskreis hinaus aktiv werden und ihre Anliegen breiter abstützen. Dazu haben wir auch vor vier Jahren die Allianz Gleichwürdig Katholisch AGK gegründet. Zum einen, um die Ressourcen zu bündeln und andererseits, um schweizweit und darüber hinaus kampagnenfähig zu sein». Der Tenor der Reformforderungen ist überall ähnlich, denn die Ergebnisse der Studie benennen ganz klar katholische Ideale, theologische Inhalte und Organisationsstrukturen als Faktoren, die Missbrauch und Vertuschung systematisch begünstigen. Der SKF fordert einen Kulturwandel, der alle missbrauchsbegünstigenden Faktoren konsequent angeht. Dazu gehört auch die Sexualmoral der römisch-katholischen Kirche, die sich unter anderem im Pflichtzölibat widerspiegelt.

Schweizer Reformkräfte wirken gemeinsam

Zu den Erstunterzeichnenden des Vorstosses «Sicherheit für ein Leben nach dem Zölibat» der Theologin Ann-Katrin Gässlein von der St.Galler Bewegung «Reformen jetzt» gehören

  • Simone Curau-Aepli, Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds
  • der Vorstand des Vereins «Vom Zölibat betroffene Frauen (ZöFra)»
  • Mentari Baumann, Geschäftsführerin der Allianz Gleichwürdig-Katholisch
  • Erwin Koller, ehemaliger Präsident der Herbert-Haag-Stiftung
  • Priester – laisierte und amtierende

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