Frauen am Rand der Demokratie
In Bihar in Indien fielen viele Bürger:innen aus dem Wählerregister und verloren so ihre Stimme. Wie konnte dies passieren? Und wie können Stimmberechtigte ihr Wahlrecht wiedererlangen?
Bihar ist ein Bundesstaat im Osten Indiens mit rund 124 Millionen Einwohner:innen. Die Region ist geprägt von Armut, sozialen Ungleichheiten und einer komplexen Kastenstruktur, die Gruppen wie Adivasi und Dalits benachteiligt.
Für das Wahlrecht wird von der Election Commission of India (ECI) ein Wählerregister geführt. Die Behörde ist unabhängig und soll faire Wahlen sichern. Alle zehn Jahre und in Sonderrevisionen werden die Listen überprüft. Neue Wähler:innen werden aufgenommen, doppelt eingetragene Namen und Verstorbene gelöscht.
Bei der jüngsten Revision in Bihar wurden jedoch rund 6,5 Millionen Namen gelöscht – viele davon von Frauen aus marginalisierten Gemeinschaften, beispielsweise wegen Namenswechsel und Umzug bei der Heirat. Sr. Rajni, lokale Beraterin des Elisabethenwerks, berichtet: «Viele Frauen haben keine gültigen Dokumente, ihre Namen verschwinden von der Liste. Sie fürchten, dass ihnen künftig auch Lebensmittelkarten, Gesundheitskarte oder Pension verwehrt werden. Ihre Stimmen zählen nicht – das macht sie besonders verletzlich.»
Besonders betroffen sind Frauen aus Adivasi- und Dalit-Gemeinschaften, die unter Armut, fehlenden offiziellen Dokumenten, tiefer Bildung und Migration leiden. Sie aus dem Wählerregister zu streichen, raubt ihnen nicht nur das Wahlrecht, sondern auch das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer politischen Gemeinschaft und der Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe.
Im November 2025 standen Wahlen zum Landtag (Parlament) von Bihar an. Die Unterstützung des Elisabethenwerks vor Ort hilft entscheidend, die Stimmen von marginalisierten Frauen zu schützen. Die Partnerorganisationen helfen den Frauen ihre Dokumente zu sichern, sie sensibilisieren sie auf ihre Rechte und fördern die politische Teilhabe. Eine wichtige Basis, um ihre Stellung in Gesellschaft und Politik nachhaltig zu verbessern. Ihre politische Teilhabe ist nicht nur Repräsentation, sondern auch Bestätigung von Indiens verfassungsmässigem Anspruch auf Gleichheit und Inklusion.
Stimmen von Frauen in Projekten des Elisabethenwerks – Bihar, Indien
«Ich habe ihnen meine Wählerkarte gezeigt, aber sie sagten, mein Name stehe nicht auf der Liste. Ich fragte: Warum haben sie mir dann diese Karte gegeben? Warum spielen sie so mit uns?»
«Wenn sie unsere Namen so einfach löschen können, dann verweigern sie uns morgen vielleicht auch die Lebensmittelkarte, die Rente oder die Gesundheitskarte. Alles hängt jetzt von diesen Papieren ab.»
«In unserer Siedlung fehlen die Namen vieler Frauen. Wir haben das Gefühl, dass das absichtlich gemacht wird, damit unsere Stimme nicht zählt. Wir sind diejenigen, die am meisten leiden, aber sie wollen uns nicht hören.»
Mehr über die Projekte des Elisabethenwerks erfahren.
Jetzt Frauen in Indien unterstützen
Elisabethenwerk – «von Frauen – für Frauen»
Das Elisabethenwerk gehört zum Frauenbund Schweiz. Der Frauenbund setzt Spenden wirtschaftlich, zweckbestimmt und wirkungsvoll ein.
Das Elisabethenwerk setzt sich seit 1958 für die ärmsten Frauen in Ländern des globalen Südens ein. Die Projekte in den aktuellen Projektländern Uganda und Indien werden von den Frauen in eigener Initiative mitgetragen, dadurch verbessern sie ihre Lebensbedingungen aus eigener Kraft.
In Indien fördern unsere Projekte vor allem die sozial stark benachteiligten Adivasi- und Dalit-Frauen. Dalit bedeutet «unterdrückt» und ist die Selbstbezeichnung der tiefsten Kasten. Dalit-Angehörige sind von vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen. Sie machen aber ein Sechstel der indischen Bevölkerung aus. Adivasi ist ein Überbegriff für mehr als 600 indigene Volksgruppen. Sie sind sozial noch schlechter gestellt als die Dalit.
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