Gaza verhungert – Frauenbund Schweiz richtet dringenden Appell an Bundesrat Cassis
Anlässlich seiner Reise in den Nahen Osten fordert der Frauenbund Schweiz Bundesrat Ignazio Cassis eindringlich auf, sich mit aller Kraft für den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza einzusetzen. Die humanitäre Lage ist katastrophal – es braucht jetzt entschlossene politische und humanitäre Massnahmen.

Sehr geehrter Herr Bundesrat Cassis
Der Frauenbund Schweiz (vormals SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund) begrüsst Ihre Reise in den Nahen Osten vom 10. und 11. Juni 2025. Als Chef des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten setzen Sie in Ihrer Medienmitteilung und mit der Reise nach Israel und in die besetzten Palästinensergebiete ein wichtiges Zeichen. Der Frauenbund Schweiz wendet sich mit grosser Sorge und dringlichem Appell an Sie, sich mit Nachdruck für die Menschen in Gaza einzusetzen.
Wir sind schockiert und entsetzt über die Berichte aus Gaza: Die brutalen Angriffe der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023, die ununterbrochenen Bombardierungen und Bodenoffensiven der israelischen Armee sowie die zunehmende Gewalt im Westjordanland haben das Leben der Zivilbevölkerung in Gaza und den besetzten Gebieten unerträglich gemacht. Frieden setzt voraus, dass die Terrororganisation Hamas unverzüglich die noch lebenden Geiseln freilässt und die sterblichen Überreste getöteter Geiseln zurück zu ihren Familien überführt und dass Israel die humanitäre Nothilfe nicht als Kriegsmittel instrumentalisiert.
Bereits im Oktober 2024 haben wir uns mit einem offenen Brief an Sie gewandt, um die Fortführung der humanitären Nothilfe des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA zu sichern. Damals warnten wir vor einer weiteren Verschärfung der ohnehin verheerenden humanitären Krise infolge des Nahostkonflikts. Mit Entsetzen blicken wir auf die kontinuierliche Eskalation der Situation, die tausende von Menschen mit dem Hungertod bezahlen. Wir begrüssen es, dass der Bundesrat im Mai 2025 einen wichtigen Schritt unternommen hat, indem er einen Beitrag von insgesamt 20 Millionen Franken an humanitäre Organisationen und UNRWA-Programme leistete.
Dennoch bleibt die Situation dramatisch. Die wenigen Hilfslieferungen, die seit dem 19. Mai 2025 in den Gazastreifen gelangten, reichen bei weitem nicht aus, um das Überleben von mehr als zwei Millionen Menschen zu sichern. Die beschämende und völkerrechtswidrige Versorgung der palästinensischen Bevölkerung wird von Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen seit Monaten scharf kritisiert.
Die vollständige Abriegelung durch die israelischen Behörden seit März 2025 führt laut den Vereinten Nationen zu einer drohenden Hungersnot. Wir verurteilen die Instrumentalisierung und Behinderung humanitärer Hilfe durch Israel. Lebensgrundlagen der Bevölkerung systematisch zu zerstören und den Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischer Versorgung und Unterkünften zu verweigern, stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar und verstösst gegen die Resolution 2720 des UN-Sicherheitsrats.
Als katholische Organisation ist es unsere Pflicht, uns für die Wahrung der Menschenwürde einzusetzen – unabhängig von Herkunft, Religion oder politischer Zugehörigkeit. Die Würde des Menschen ist unantastbar, und es ist unsere christliche Verantwortung, dort aufzustehen, wo diese Würde mit Füssen getreten wird.
Wir unterstützen die Forderung des Bundesrats aus seiner Medienmitteilung vom 21. Mai 2025. Dort heisst es: «Israel ist verpflichtet, die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts einzuhalten, die ihm als Besatzungsmacht obliegen. Dazu gehört insbesondere die Anwendung der Genfer Konventionen, die Israel dazu verpflichten, die Versorgung der Bevölkerung und den unverzüglichen und ungehinderten Zugang der humanitären Hilfe zu allen Notleidenden sicherzustellen, und zwar unparteiisch und ohne Diskriminierung. Der Bundesrat ruft zu einem sofortigen und uneingeschränkten humanitären Zugang zum Gazastreifen, zur sofortigen und bedingungslosen Freilassung aller Geiseln sowie zur Rückkehr zur Waffenruhe auf.»
Als Mitglied der internationalen Gemeinschaft und als humanitäre Nation muss die Schweiz die Menschenrechtsverletzungen Israels nicht nur benennen, sondern aktiv politisch und diplomatisch gegen diese Entwicklungen vorgehen. Wir fordern den Bundesrat auf, sich weiterhin für eine ungehinderte und unparteiische humanitäre Hilfe einzusetzen und politischen Druck auf Israel auszuüben, um den Zugang der Zivilbevölkerung zu lebenswichtigen Gütern sicherzustellen.
Herr Bundesrat, es liegt in der humanitären Tradition der Schweiz – und in unserem christlichen Selbstverständnis – für das Leben und die Würde von Menschen in Not einzutreten. Wir bitten Sie eindringlich, diese Verantwortung wahrzunehmen und alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, um das Überleben der Menschen in Gaza zu sichern und eine weitere Eskalation mit verheerenden humanitären Folgen zu verhindern.
Kontakt für Medienanfragen
Sarah Paciarelli, Kommunikation, sarah.paciarelli@frauenbund.ch
Katharina Jost Graf, Co-Präsidium, +41 (0)79 713 20 26
Pia Viel, Co-Präsidium, +41 (0)76 526 62 90
Frauenbund Schweiz
Der Frauenbund Schweiz ist mit 100'000 Mitgliedern, 17 Kantonalverbänden und 500 Ortsvereinen das grösste konfessionelle Frauennetzwerk der Schweiz. Der Frauenbund Schweiz wirkt überraschend anders katholisch und engagiert sich für die Rechte aller Frauen in Gesellschaft, Kirche, Wirtschaft und Politik. www.frauenbund.ch
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