Novembernebel
Wo im Sommer noch alles leicht fiel, die Tage lang und lau waren, zieht sich nun eine Nebelschwere über viele Gemüter. Die Luft ist dichter geworden, das Licht gedämpft, als würde die Welt uns einladen, leiser zu werden. Statt auf Balkonen zu sitzen, begleitet von Grillenzirpen und goldenen Sonnenuntergängen, gehen wir jetzt in eine immer länger werdende Dunkelheit. Morgens, wenn wir aufbrechen, ist es dunkel, und abends kehrt die Nacht zurück, ehe wir sie überhaupt vermisst haben.
In dieser Dunkelheit erwacht etwas in uns: das tiefe Bedürfnis nach Licht. Wir entzünden Kerzen, schmücken Fenster und Straßen mit Lichterketten, tauchen Städte in glitzernde Farben und nennen es Gewohnheit, Tradition oder Vorbereitung auf Weihnachten. Doch jenseits der Oberfläche geschieht noch etwas anderes: Wir erinnern uns. Wir erinnern uns an Leichtes, an Hoffnungsvolles, eben daran, dass die Dunkelheit überwunden wurde.
Und so flackern in den Fenstern kleine Zeichen des Lebens. Ein Licht nach innen und nach aussen. Es wärmt die, die drinnen sitzen, und es grüßt die, die draussen vorbeigehen und zeigt: Du bist nicht allein. Diese kleinen Flämmchen, die erst jetzt in der Dunkelheit sichtbar werden, zeigen: Nichts ist zu klein, um die Dunkelheit zu vertreiben. Nichts ist zu klein, um einen Unterschied zu machen. Und so durchbrechen diese glitzernden Zeichen die Novemberschwere und schenken uns Momente der Hoffnung, des Staunens und der Vorfreude.
Die spirituellen Anregungen des «Paradiesgartens» im Jahr 2025 werden gepflanzt von Felicitas Ameling, Theologin und Spitalseelsorgerin. Mehr über die Autorin
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