SKF und EFS für politische Rechte für Ausländer:innen
Rund 2 Millionen Ausländer:innen leben in der Schweiz – ohne politische Rechte. Die von SKF und EFS organisierte Kommission für Einwohner:innenstimmrecht fordert im Rahmen der Frauensession 2021 politische Mitsprache für Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft.
Der SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF und die Evangelischen Frauen Schweiz EFS setzen sich an der Frauensession für das Einwohner:innenstimmrecht ein. Am 29./30. Oktober findet im Bundeshaus die Frauensession statt. Ziel der Frauensession ist es, die dringlichsten politischen Anliegen in der Schweiz lebender Frauen zu erarbeiten und als Forderungen dem Parlament gegenüber zu formulieren. 2021 feiert die Schweiz das 50-jährige Bestehen des Frauenstimmrechts. 1971 wurde mit der Einführung des Frauenstimm- und wahlrechts ein grosses Demokratiedefizit behoben. Ein Viertel unserer Mitbürger:innen aber hat bis heute kein Mitspracherecht. Der fehlende Zugang zu politischen Rechten für Ausländer:innen in Kombination mit einer rigiden Einbürgerungspolitik beeinträchtigt auf lange Sicht die Qualität der demokratischen Ordnung.
Demokratiedefizite beheben
Von den 8 Millionen Einwohner:innen der Schweiz sind rund 2 Millionen Ausländer:innen, also Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft. In vielen Belangen haben Schweizer:innen und Ausländer:innen im schweizerischen Alltag die gleichen Rechte und Pflichten. Geht es hingegen um politische Rechte, ist die Staatsbürgerschaft entscheidend. Dass ein Viertel der Schweizer Bevölkerung das politische Geschehen nicht aktiv mitgestalten kann, stellt das Schweizer Demokratieverständnis in Frage. Das Wahl- und Stimmrecht an die Staatsbürgerschaft zu knüpfen, ist ebenfalls problematisch, weil die Schweiz eine sehr strenge Einbürgerungspolitik verfolgt. Die Zahl der Einbürgerungen sinkt derzeit stark. Etwa 380 000 der Ausländer:innen sind in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Sie können weder an eidgenössischen Abstimmungen noch an eidgenössischen Wahlen teilnehmen. Kantone und Gemeinden können jedoch eigene Regelungen zur politischen Partizipation erlassen.
Politische Rechte für Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft
Die Kommission für Einwohner:innenstimmrechthat im Rahmen der Frauensession 2021 die Forderung nach politischer Teilhabe von Einwohner:innen der Schweiz ohne Schweizer Staatsbürgerschaft behandelt. Ihr erster Akt bestand in einer Umbenennung von «Kommission für Ausländer:innenstimmrecht» in «Kommission für Einwohner:innenstimmrecht». In einer ersten Sitzung wurden die Kriterien der Einwohner:innenstimmrechts diskutiert und in einer zweiten Sitzung konkretisiert: Mit der Forderung des Stimm-und Wahlrechtes auf nationaler Ebene für Einwohner:innen der Schweiz nach fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz und unabhängig vom Aufenthaltsstatus knüpft die Kommission an die Geschichte des Frauenstimmrechts an. Vor 50 Jahren wurde den Frauen nach zahlreichen Anläufen endlich das Stimm- und Wahlrecht verliehen. Damit nahm der politische Ausschluss der weiblichen Bevölkerung mit Schweizer Staatsangehörigkeit ein Ende. Ein grosses Demokratiedefizit war behoben. Ein Viertel der Bevölkerung der Schweiz ist auch heute noch von demokratischen Prozessen ausgeschlossen: Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft. In Verbindung mit den strengen Einbürgerungsgesetzen der Schweiz gefährdet dies langfristig die demokratische Ordnung, weil immer grösser werdende Bevölkerungsteile von politischer Teilhabe ausgeschlossen sind. Das ist für ein direktdemokratisches Land wie die Schweiz, das von der aktiven Beteiligung der Stimm- und Wahlberechtigten auf allen Ebenen des Gemeinwesens lebt, eine schlechte Entwicklung.
Kommission für Einwohner:innenstimmrecht
Kommissionen sind Arbeitsgruppen des Parlaments, die aus einer begrenzten Anzahl von Mitgliedern bestehen. In zwei vorbereitenden Kommissionsitzungen der Frauensession werden verschiedene Forderungen ausgearbeitet, welche dann in der Kommission diskutiert, angepasst, reformuliert werden bevor sie an der Session zur Abstimmung kommen. Übrigens: Die Kirchen erteilen Nicht-Schweizer:innen innerhalb landeskirchlicher Strukturen schon heute das Stimm- und Wahlrecht. Sowohl SKF als auch EFS setzen sich mit der Organisation der Kommission für Einwohner:innenstimmrecht für eine gerechte Gesellschaft ein. Cécile Bühlmann (a.NR, Grüne) und Ada Marra (NR, SP) bilden das Co-Präsidium und organisieren gemeinsam mit Gabriela Allemann (Präsidentin EFS), Edith Siegenthaler (Geschäftsführerin EFS), Karin Ottiger (Co-Geschäftsleiterin SKF) und Sarah Paciarelli (Kommunikation SKF) die Kommission.
Cécile Bühlmann (a.NR, Grüne)
Co-Präsidentin der Kommission für Ausländer:innenstimmrecht
«Durch die Geschichte meiner italienischen Mutter habe ich früh erfahren, was es heisst, als Ausländerin diskriminiert zu sein. Ich selber erlebte die geballte Diskriminierung als Frau in einer patriarchalen Schweiz, die uns erst vor 50 Jahren die politischen Rechte gab. Die Lehre aus dem Kampf fürs Frauenstimmrecht heisst für mich, dass ich mich für politische Rechte anderer einsetze: für die Menschen ohne Schweizer Pass. Die Schweizer Demokratie ist erst dann vollständig, wenn dieser Viertel der Bevölkerung auch die politischen Rechte erhält.»
Ada Marra (NR, SP)
Co-Präsidentin der Kommission für Ausländer:innenstimmrecht
«Ein Jubiläum macht nur Sinn, wenn man immer wieder nach Fortschritt fragt. Ein Viertel in der Scheiz lebenden Menschen hat heute kein Recht zu sagen, in welcher Gesellschaft es leben möchte, obwohl diese Menschen wie alle anderen vom politischen Geschehen betroffen sind. Wir müssen unsere Demokratie durch die Beteiligung aller verbessern.»
Karin Ottiger, Co-Geschäftsleiterin SKF
«Zu meinem Demokratieverständnis gehört, dass wer sich an die Gesetze halten muss, auch bei deren Gestaltung mitreden können soll. Deshalb setzen wir uns ein für das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer:innen ein.»
Sarah Paciarelli, Kommunikation SKF
«Seit sieben Jahren ist die Schweiz mein Lebensmittelpunkt. Erst nach zehn Jahren aber darf ich ein Einbürgerungsgesuch stellen. Das sind zehn Jahre meines Lebens ohne politische Mitbestimmung, zehn Jahre Seitenrand.»
Gabriela Allemann, Präsidentin Evangelische Frauen Schweiz (EFS)
«Es ist uns ein Anliegen, dass alle, die hier wohnen, auch mitbestimmen, so wie das in vielen Kirchen und Kirchgemeinden schon heute der Fall ist. Auch bei anderen Themen der Frauensession lassen sich die Vertreterinnen der EFS von unseren Grundsätzen leiten und setzen sich für Gleichstellung und ein Leben in Fülle für alle ein.»
Edith Siegenthaler, Geschäftsstellenleiterin EFS
«Ich möchte, dass wir alle zusammen über die Zukunft bestimmen, damit das Einwohner:innenstimmrecht bald genauso selbstverständlich ist, wie heute das Frauenstimmrecht.»
Was ist die Frauensession?
246 Frauen aus allen Regionen der Schweiz werden während zwei Tagen im Nationalratssaal Platz nehmen, ihre dringlichsten Anliegen diskutieren und Anträge aus eigens gebildeten Kommissionen behandeln. Zum Schluss überreichen sie Parlament und Bundesrat konkrete Forderungen. Damit kommt die Frauensession einer echten Parlamentssitzung so nahe wie nur möglich - genauso bindend sollen auch die Resultate sein. Organisiert wird die Frauensession von alliance F - der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen, den Evangelischen Frauen Schweiz EFS, dem Schweizerischen Bäuerinnen und Landfrauenverband SBLV, dem Dachverband Schweizerischer Gemeinnütziger Frauen SGF, dem SKF Schweizerischen Katholischen Frauenbund und der eidgenössischen Kommission für Frauenfragen EKF, in Zusammenarbeit mit den Parlamentsdiensten.
SKF und EFS an der Frauensession
Da der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) und die Evangelischen Frauen Schweiz (EFS) die Frauensession mitorganisieren, gehören je fünf Frauen aus den Verbänden der Session an – und zwar SKF-Präsidentin Simone Curau-Aepli, ihre Vorstandskolleginnen Miriam Christen-Zarri und Fabienne Roos sowie die SKF-Co-Geschäftsleiterinnen Danielle Cotten und Karin Ottinger. Die EFS entsenden Präsidentin Gabriela Allemann, die Mitglieder des Zentralvorstands Barbara Borer und Christine Volet, Edith Siegenthaler, Leiterin Geschäftsstelle EFS sowie Evelyne Zinsstag, Schnuppermitglied im Zentralvorstand.
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